Aus finanziellen Gründen ist die Swissair nicht mehr in der Lage den Flugbetrieb aufrecht zuhalten ...
Wie es dazu kam ...
Am 2. Oktober 2001 groundet die nationale Airline der Schweiz. Für Jahre galt die Swissair als fliegende Bank und war sowohl bei den Kunden als auch bei den Beobachtern sehr beliebt.
Doch die Swissair geriet - wie auch andere kleine nationale Fluglinien - zunehmend unter Druck, denn der Heimmarkt war für die grösse der Swissair Flotte zu klein. Aus diesem Grund strebte man 1993 eine Fusion mit KLM, SAS und der Austrian Airlines an. Doch die Fusion unter dem Codenamen "Alcazar" scheiterte.
Nun musste der Verwaltungsrat eine neue Strategie festlegen. Es gab selbstverständlich verschiedene Optionen.
1. Der Anschluss an ein grosses europäisches Luftfahrtunternehmen (bzw. Allianz)
2. Der Alleingang
3. Der Aufbau einer eigenen Allianz
Man entschied sich für die dritte Option. Doch zunächst erlässt der neue Chef Philippe Bruggisser ein Sparprogramm, um das Fluggeschäft der Swissair wieder profitabel zu machen.
Nach einer Neustrukturierung wird ab 1998 die so genannte Hunter-Strategie umgesetzt - der Aufbau einer eigenen Allianz unter Führung der Swissair.
Da aber gesunde nationale Airlines grundsätzlich nicht an feste Allianzen interessiert waren, ging die Swissair-Führung halt bei kränkelnden Airlines auf Einkaufstour.
Am 3. September stürzt eine MD-11 vor Halifax ins Meer. Nun erwies sich Philippe Bruggisser als ein sehr guter Krisenmanager. Sein dadurch gewonnenes Vertrauen wird in der Zukunft noch für Probleme sorgen.
Ein erster Schritt des Niedergangs der Swissair wurde durch einen Strategiewechsel von Delta Air Lines herbeigeführt. Delta, durch die Liberalisierung ebenfalls unter Druck geraten, beschloss, kostengünstigere Verbindungen zwischen Europa und den USA zu realisieren. So wurde das enge Netz an Direktverbindungen gestrichen und durch das Bedienen eines einzigen, leistungsfähigen Hubs ersetzt. Im Oktober 1999 kündigte Delta folgerichtig die Zusammenarbeit mit Swissair, Sabena und Austrian Airlines. Delta und Air France gründeten eine neue Allianz und boten der Swissair eine Mitarbeit an.
Doch die Swissair hielt an ihrer Strategie fest und investierte weiter. Mitte 2000 wurde prognostiziert, dass durch diese Zukäufe die Verluste der Swissair für die nächsten drei Geschäftsjahre zwischen 3.25 Mrd. und 4.45 Mrd. Franken betragen würden.
Im Sommer 2000 geriet Philippe Bruggisser erstmals unter öffentlichen Druck, als die desolate finanzielle Lage der Gruppe veröffentlicht wurde. So schrieb die Swissair und Sabena einen täglichen Verlust von einer Million Franken, eine weitere Million wurde jeden Tag bei der LTU und den französischen Beteiligungen verloren.
Endlich erkannte auch der Verwaltungsrat, dass die Hunter-Strategie gescheitert war. So kam es folgerichtig zu einem erneuten Führungswechsel an der Spitze, Moritz Suter, der Gründer von Crossair wurde als neuer CEO an Bord geholt. Nach nur 44 Tagen trat Suter von seinem Posten wieder zurück.
Im März trat nun auch der Verwaltungsrat zurück. Einzig Mario Corti blieb. Er wurde nun Präsident des Verwaltungsrates und ad interim CEO der SAir Group.
Im April 2000 musste die SAir einen Jahresverlust von 2.885 Mrd. Franken vermelden. Eine neu gebildete Task Force versuchte nun die desolate finanzielle Lage zum Entspannen zu bringen.
Man verkaufte deshalb die Hotelkette "Swisshotel", des Weiteren veräusserte man die grössten Verlustbringer AOM und Air Liberté. Nun versuchte man auch noch mehrere flugnahen Tochtergesellschaften zu veräussern, jedoch scheiterten nach den Anschlägen vom 11. September diese Versuche.
Am 17. September teilte Mario dem EFD mit, dass die SAir Group ab Anfang Oktober zahlungsunfähig sein könnte und beantragte eine Bundesgarantie in Höhe von einer Milliarde Franken. Dies wurde selbstverständlich abgelehnt.
Eine Woche später wurde das Projekt "Swiss Air Lines" vorgestellt. Es sah eine Zusammenlegung von Swissair und Crossair unter Leitung von Crossair CEO und Zögling von Moritz Suter André Dosé vor.
Am Wochenende des 29. und 30. September 2001 wurde unter der Regie der beiden Schweizer Grossbanken UBS und CS das Projekt "Phoenix" erarbeitet und verabschiedet. Die Crossair hätte danach in einem so genannten "Reserve Takeover" die benötigten Flugzeuge, die Marke Swissair und weitere rentable Teile von der SAir Group übernommen. Dadurch könnte relativ billig eine neue Airline aufgebaut werden, welche von den finanziellen Altlasten befreit war. Das Bankenkonsortium erklärte sich dabei nur unter der Bedingung, dass der Kauferlös lediglich bis zum 3. Oktober für das Fluggeschäft verwendet werde, bereit, die Aktien der Crossair zum Börsenkurs zu übernehmen und den Kaufpreis der SAir Group zu überweisen.
Am 1. Oktober wurde die Öffentlichkeit an einer Pressekonferenz über das Projekt «Phoenix» informiert und angekündigt, dass für Teile des Konzerns in der Folge Nachlassstundung beantragt werde. In Sitzungen mit den beiden Grossbanken und der Eidgenossenschft war vereinbart worden, dass die beiden Banken eine rein privatwirtschaftliche Lösung ohne Beteiligung des Staates organisieren würden. Eine Übergangs-Finanzierung zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs kam nicht mehr rechtzeitig zu Stande, obwohl der Bundesrat bereit war, die Hälfte eines Kredites zu übernehmen.
Am 2. Oktober stieg der Liquiditäts-Bedarf exponentiell an, da wegen der am Vorabend angekündeten Nachlassstundung alle Zulieferer auf Barzahlung und Begleichung offener Rechnungen pochten. Die Barreserven der Swissair reichten an diesem Tag knapp aus um die erste Abflugswelle in die Luft zu bringen. Im Laufe des Morgens weigerten sich die Treibstofflieferanten, die bereitstehenden Flugzeuge zu betanken.
Die Grossbanken weigerten sich den Verkaufserlös zu bevorschussen und verlangten vor einer Überweisung auf die formelle Rechtsgültigkeit des Verkaufsvertrages.
Um 15:45 Uhr sah sich CEO Mario Corti gezwungen den Flugbetrieb vollständig stillzulegen. Dies führte nicht nur am Heimatflughafen, sondern weltweit zu chaotischen Verhältnissen.
Erst am Abend des 2. Oktobers erfolgte die Überschreibung der Crossair-Aktien. Der Kaufpreis traf erst am Folgetag – nach Einstellung des Flugbetriebes – auf dem Konto der SAirLines ein.
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